Tierseuche zieht weite Kreise

Die Afrikanische Schweinepest ist auf dem Vormarsch. Kommt es in einem Stall zu einer Infektion, muss der komplette Bestand getötet werden. Wie bereitet sich der Landkreis Bad Kissingen auf die Tierseuche vor?

Es ist der Albtraum eines jeden Landwirts, der Schweine hält: Sein kompletter Tierbestand muss getötet werden. Die Ursache ist winzig. Sie ist rund 200 Nanometer groß und muss im Stall nachgewiesen werden. Es geht um den Erreger, der die afrikanische Schweinepest (ASP) auslöst. Für den Menschen ist die Krankheit ungefährlich, nicht aber für Haus- und Wildschweine. Weil die Seuche nur noch wenige Kilometer vor der deutschen Ostgrenze steht, bereiten sich Landkreis, Jäger aber auch Landwirte auf den Ernstfall vor.

Einer davon ist Friedrich Alefeld, der etwa 300 Schweine bei Poppenlauer hält. "Man kann sich versichern", sagt der Landwirt. Würde die Seuche in seinem Stall auftreten - er müsste seine Tiere töten. "Den Tierwert zahlt dann die Tierseuchenkasse", erklärt er. Damit ist es nicht getan. "Der Stall muss wegen der Seuche dann einige Zeit leer bleiben." Erst wenn es Entwarnung von offizieller Stelle gibt, darf er neue Tiere in den Stall bringen. Das kann bis zu 40 Tage dauern. Die neuen Tiere würde er von dem Geld der Tierseuchenkasse zahlen. Doch für die Zwischenzeit hat er keine Einnahmen. Er hat eine Ertragsausfallversicherung abgeschlossen. Um die Einschleppung zu verhindern, muss er laut Landratsamt Bad Kissingen "durch Umsicht und Disziplin ein hohes Schutzniveau seines Bestandes anstreben". Das heißt: Futter- und Einstreu müssen entsprechend gelagert werden, kein Fremder darf in den Stall, er muss Hygienekleidung tragen.

Eine Versicherung benötigt er auch in einem anderen Fall. Alefeld bestellt Äcker mit Getreide. Bricht die Seuche zur Dreschzeit in Nähe seines Hofes aus, darf er es nicht dreschen und auf den Hof fahren. "Futtermittel aus dem gefährdeten Gebiet dürfen weder in, noch aus dem Sperrbezirk transportiert werden", sagt Edgar Thomas, Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbands. Die Ausnahme: Er hat Heu, Stroh oder Gras mindestens sechs Monate vor dem ASP-Nachweis produziert und es wildschweinsicher gelagert. Alefelds Getreide ginge im Ernstfall auf dem Feld kaputt - ein weiterer Ertragsausfall. Eine Frage, die Alefeld umtreibt, ist, ob er auch dann EU-Mittel erhält, wenn er das angebaute Getreide nicht ernten kann. Das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten sagt: "Eine verbindliche Regelung des Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft ist hierzu noch ausstehend, da Deutschland damit noch nicht konfrontiert ist und somit noch keine Prüfung erfolgte."

Verantwortlich für die Verbreitung ist vor allem der Mensch. Unachtsam entsorgte Speisereste an Autobahnrastplätzen reichen aus. Frisst ein Wildschwein diese, ist dessen Tod gewiss. Aber: Wie kommt das Virus ins Lebensmittel? Grund dafür sind Hausschlachtungen in einer betroffenen Region, heißt es aus dem Landratsamt. "Betroffen sind Rohprodukte, die nicht erhitzt werden", erklärt Lena Pfister, zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit im Landratsamt Bad Kissingen.

In den Tagen, in denen das Tier noch lebt, verbreitet es das Virus durch Ausscheidungen. Jäger sind daher bei der Seuchenbekämpfung mit von der Partie. "Wir wissen, wo das Schwarzwild sich aufhält. Das ermöglicht eine gezieltere Suche nach Kadavern, wenn es zu einem Ausbruch kommt", sagt Dr. Helmut Fischer, der Vorsitzende des Bad Kissinger Jägervereins. Binnen 24 Stunden sollen sie das Gebiet um den Fundort durchkämmen. "Das erste positiv getestete Tier ist oft nicht der Primärherd und erst die Intensivierung der Suche bringt das Ausmaß zu Tage", erklärt Lena Pfister.

Die Schonzeit auf Schwarzwild wurde aufgehoben, um die Population zu verringern. "Eine Reduzierung führt rein statistisch zu einer geringeren Wahrscheinlichkeit der Übertragung von Tier zu Tier", so Pfister. Wie dringlich die Seuchenbekämpfung ist, zeigt sich an den Prämien. Aus dem bayerischen Staatsministerium für Umwelt- und Verbraucherschutz heißt es: "In nördlichen und östlichen grenznahen Landkreisen zu Thüringen, Sachsen und Tschechien wird die Aufwandsentschädigung für das Erlegen von Wildschweinen von 20 Euro auf 100 Euro pro Tier erhöht."

Jäger mit im Boot

Bislang scheint der Einsatz der Jäger von Erfolg gekrönt zu sein. "Wir rechnen derzeit damit, dass wir in den Bereich der bisherigen Rekordstrecke des Jagdjahres 2017/2018 kommen", sagt Pfister. Damals schossen die Jäger über 4800 Sauen im Landkreis. Entdecken die Jäger ein totes Wildschwein, melden sie das Tier und prüfen es auf ASP. Findet ein Spaziergänger einen Kadaver, kann er ihn beim Veterinäramt melden. "Die Beprobung übernimmt dann das Veterinäramt vor Ort", sagt Pfister. "Menschen können zwar nicht erkranken, aber eine Verschleppung des Erregers muss verhindert werden." Wichtig: Der Kadaver darf nicht berührt werden.

"Je nach Situation kann der Tierkörper möglicherweise bis zum Befund an Ort und Stelle bleiben", sagt Pfister. Das dauert bis zu zwei Tage. "Der Ort wird dann für andere Tiere mit Flatterbändern unattraktiv gemacht und abgesichert, bis der Befund für Klarheit sorgt." Nach dem positiven ASP-Nachweis kann das Landratsamt ein Jagdverbot für das Gebiet erlassen. Damit soll eine Beunruhigung des Wildes - und dadurch die Verbreitung der ASP vermieden werden. Um Kadaver zu entsorgen, bildete das Veterinäramt Mitarbeiter der Straßenmeisterei zu Bergungsteams aus.

Mit einem Anhänger bringen sie den Kadaver in eine der zwei Verwahrstellen des Landkreises. Eine befindet sich in Unterleichtersbach. Eine zweite Verwahrstelle lässt sich bei der Straßenmeisterei Oerlenbach einrichten, oder aber als mobile Version in die Nähe des Krisenherds transportieren. Um den Fundort wird eine drei Kilometer große Sicherheitszone ausgewiesen. Es folgt eine gefährdete Zone, mit einem Radius von 15 Kilometern und schließlich eine Pufferzone, deren Radius 45 Kilometer beträgt. "Sowohl Schweinebestände als auch Wildschweine in diesen Zonen würden intensiv untersucht werden", sagt Pfister. Ob Spaziergänger in die Zonen dürfen, muss je nach Lage entschieden werden. "Ein generelles Betretungsverbot ist zwar im Rahmen der Möglichkeiten, muss aber auch überwacht werden können."

(Quelle: Artikel von: Johannes Schlereth Veröffentlicht von: Saale-Zeitung)

 

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